Stellungnahme zur Demonstration am 30. Januar 2010 in Lüdenscheid
Zur Demonstration der Internationalistischen Linken Lüdenscheid „gegen Krieg und Faschismus“ gibt es von unserer Seite eine Menge zu sagen.
An den Anfang unseres Textes seien zwei wichtige Fakten geschoben:
1. Bei der „Antifaschistischen Aktion Lüdenscheid“ handelt es sich um ein Satire-/Fakeprojekt von uns.
2. Wir rufen in keinem Fall zur Teilnahme oder kritischen Begleitung der Demonstration auf.
Als wir von der Demonstration der „Internationalistischen Linken Lüdenscheid“ (ILL) erfuhren und dann auch deren Texte zu Gesicht bekamen, wurde klar, daß es eine angemessene Reaktion von unserer Seite geben muß. Statt nun einen langen Text zu schreiben, in dem wir die inhaltlichen Unzulänglichkeiten der ILL genau aufschlüsseln und belegen, warum der emanzipatorische Gehalt der Demonstration dem Nullpunkt nahe ist, entschlossen wir uns, einen anderen Ansatz auszuprobieren:
Das Fake-Projekt „Antifaschistische Aktion Lüdenscheid“, sollte einerseits solidarisch-kritisch zu einem eigenen „israelsolidarischen Punkblock“ auf der ILL-Demo aufrufen und gleichzeitig möglichst viele Klischees, die es über Antideutsche gibt, in überspitzter Form bedienen, um etwas Verwirrung zu stiften. Wir hätten allerdings erwartet, daß das ganze sogleich als Satire erkannt wird. Gerade der „Punkblock“ hätte doch als Hinweis genügen sollen.
Statt dessen nahm die ILL den Aufruf ernst und begann in hektischer Betriebsamkeit ihre Gemeinde gegen die „Antifa Lüdenscheid“ einzuschwören. Für uns ergaben sich dadurch amüsante Dialoge via Myspace, und wir wurden durch die seltsamsten Vermutungen belustigt. Offenkundig wurde für uns dadurch mal wieder, daß im wahnhaften Weltbild der Antiimperialisten scheinbar alles, das einen positiven Bezug zu Israel herstellt, als antideutsch wahrgenommen und zum Kampf dagegen mobilisiert wird.
Auch enttäuscht waren wir über einige Reaktionen aus dem israelsolidarischen Spektrum, von denen der Aufruf zum Teil scheinbar auch ernst genommen worden ist. Dies zeigt, daß einige Genoss_Innen aus unserem Spektrum wahllos alles abfeiern, was irgendwie nach Israelsolidarität aussieht, und sich dabei durch „Details“ wie die im Fake-Aufruf geforderte kritisch-solidarische Teilnahme an einer israelfeindlichen Demonstration oder das darin propagierte merkwürdige Verständnis von Frauenemanzipation1 beirren zu lassen.
Aber zurück zur ILL: Von dieser Gruppe wurden in der Vergangenheit regelmäßig Antideutsche mit Nazis gleichgesetzt, und es wird eine „antizionistische“ Politik betrieben, die in der bundesweiten Linken in solcher Form nur noch in wenigen Gruppen existiert. So weist auch die Ankündigung, daß Antideutsche, sollten sie auf der Demonstration auftauchen, selbst für die „Konsequenzen“ verantwortlich seien, wie es andere Städte vorgemacht hätten, auf die Bereitschaft zur Gewalt bei der ILL hin. Hier wird offenkundig Bezug genommen auf Vorfälle, wie zuletzt im Oktober in Hamburg2, als linke AntisemitInnen den Film „Warum Israel“ des Resistance-Kämpfers Claude Lanzmann verhinderten. Bezeichnend ist auch, daß die hierfür verantwortliche Hamburger Gruppe „SOL“ zur Demonstration nach Lüdenscheid mobilisiert.
Anstatt an dieser Stelle eine genauere Kritik der Positionen der ILL heraus zu arbeiten, verweisen wir auf unseren Redebeitrag3 bei einer Demonstration in Meschede im April 2008, in dem die Basisbanalitäten zu falscher Kapitalismuskritik, Antiamerikanismus und linkem Antisemitismus in kompakter Form zusammengefaßt sind.
Auf einige außergewöhnliche Äußerungen der ILL sei trotzdem hingewiesen. Die Demonstration findet am 30. Januar statt, dem Jahrestag der nationalsozialistischen Machtübernahme im Jahr 1933. Darauf, sowie auch auf den Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, geht die ILL in ihrem Demoaufruf jedoch mit keiner Silbe ein. Die Demonstration richtet sich zwar gegen „Krieg und Faschismus“, inhaltlich geht es im Aufruf aber nicht um Faschismus – außer die ILL verortet diesen in Israel oder Afghanistan.
Auch hinzuweisen ist auf die Verherrlichung der RAF, in Person von Ulrike Meinhof, ohne den antisemitischen Gehalt einiger Aktionen der RAF und anderer bewaffneter Gruppen zu reflektieren. Und auch die Gleichsetzung zwischen den Repressionen gegen Aufständische im Iran und Demonstrant_Innen beim Klimagipfel in Kopenhagen läßt Rückschlüsse auf den Realitätsverlust der ILL zu.
Um es kurz zu machen: Wir finden es schade, daß junge Menschen, die sich in Lüdenscheid antifaschistisch engagieren möchten, von der ILL auf ihren Steinzeit-Antiimp-Kurs eingeschworen werden. Wir rufen daher alle emanzipatorischen Antifaschist_Innen dazu auf, der Demonstration am 30. Januar fern zu bleiben. Setzt euch mit Nazis bei euch im Stadtteil auseinander, lest ein Buch oder trinkt ein leckeres Bier….Wahrscheinlich ist nahezu alles besser als an dieser Demonstration teilzunehmen.
Emanzipatorische Lüdenscheider AntifaschistInnen [ELA]
Januar 2010
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- http://b-g-h-u.blogspot.com/ [zurück]
- http://ela.blogsport.de/2008/04/26/meschede-redebeitrag-der-ela/#more-29 (Neben der inhaltlichen Kritik möchten Wir auch auf die Notwendigkeit eines sicheren Umgangs z.B. mit Myspace hinweisen, wäre unser Fake von Nazis gewesen, hätte es zumindest für einige Fotos von ILL-SympathisantInnen gereicht.) [zurück]